330 GT Registry

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KLASSIKER für den Urlaub ... und tschüs!

Wer mit dem Auto reist, ist naher am Weg als am Ziel. Auto Bild Klassik stellt sechs Wagen vor, mit denen der Urlaub schon unterwegs beginnt

Fernweh ist keine Krankheit. Fernweh ist nicht einmal unangenehm. Fernweh ist eine Lust, dir besonders Automobilisten regelmäßig überkommt. Denn beim Reisen vermittelt der eigene Wagen, anders als etwa die Eisenbahn stets ein Gefühl für dir Beschaffenheit, stets ein Gefühl für die Beschaffenheit der Landschaft. Ankommen hat so nicht immer mit einem geografischen Ziel zu tun - es kann auch bedeuten, in einer fremden Welt einfach nur unterwegs zu Sein.

Otto Julius Bierbaum, der Parade-Poet der frühen deutschen Automobilliteratur, nannte seinen Alder 1902 einen „Laufwagen“, denn das Wesentliche des Reisens sei nicht die Schnelligkeit, sondern die Freiheit der Bewegung.

Hersteller und Konstrukteure haben diese Freiheit auf unterschiedlichste Weise interpretiert. Für prächtige Panoramastraßen bauten sie  zwölfzylinder  -GT.


S12: FERRARI 330 GT 2+2 Der  zwölfzylinder
für schone Stunden im Diesseits und Jenseits.

Für ein vorübergehendes Nomadenleben wahlweise Wohnanhänger oder Campingbusse. Für die Geröllpisten dazwischen Geländewagen für den Weg in den Familienurlaub Kombis uns offene Sportwagen für die Kombination aus Spiel, Spaß und UV-Strahlung.

Sechs solcher Fahrzeuge stellen wir auf den folgenden Seiten vor: Autos, die schon durch die Lust am Fahren das Fernweh stillen können. Frederik E Scherer


Ferien mit Vollgas
Der Ferrari 330 GT 2+2 gehörte in den 60ern zu den schnellsten Viersitzern der Welt.
Für 52 950 Mark hätte es damals auch elf Käfer mit 34 PS gegeben.
Seine betörende Form schuf der Mann, der später den Ur-Fiesta formte: Tom Tjaarda.

Ein klassischer Gran Turismo von Ferrari passt in eine Welt voller Glamour und Exzess. Mit ihm pendelte der Jetset zwischen St. Moritz und St. Tropez. Er war der Reisebegleiter im Luxusleben - und in einem Fall sogar darüber hinaus

Hier oben kann ich Sandra Ilene West gut verstehen. Mit ihrem Ehemann Ike lebte die schone Frau im Kalifornien der Sixties ein schnelles Leben: Drogen, Affären, flotte Autos. Als Ike West Jr., der aus einer texanischen Rinderzucht-Dynastie stammte, 1968 tot in seinem Hotelzimmer in Las Vegas gefunden wurde, erbte Sandra ein Millionen vermögen. Da war sie noch keine 30. Sie interessierte sich für das alte Ägypten, besaß eine Villa in Beverly Hills, ein Briefmarkensammlung im Wert von einer Million Dollar, drei Ferrari und einen Stutz Blackhawk. Besonders ihren Ferrari 330 America liebte sie über alles.

Wie sehr, wird sich im Laufe dieser Geschichte noch zeigen.

Im Hier und Jetzt lenke ich nun einen alten Ferrari 330 GT 2+2 durch die Seealpen des Departement 06, fast 1000 Meter über dem Meeresspiegel, auf den Schlängeligen Straßen der Gorges du Loup. Hier oben schaukeln, anders als an der Cote d'Azur weiter unten, keine Silikonbrüste im Bikinioberteil und keine Milliardärsjachten in Buchten, dafür ist dir Landschaft atemberaubend. Kurve reiht sich an Kurve, das Herz füllt sich mit Freude. Front motor der  zwölfzylinder Typ 209 mit 3967 cm³ Hubraum, einer oben liegenden Nockenwelle pro Bank, Siebenfach Lagerkurbelwelle und einer Batterie aus drei Weber-Doppelvergasern. Zylinder-Block, -Köpfe und Kolben sind aus Leichtmetall. Das Aggregat basiert im Grunde noch auf dem kompakten Colombo-V12 des allerersten Ferrari von 1947. Seine Musik verglichen Generationen von Motorjournalisten mit großen Opern von Rossini, Donizetti und Verdi. Ein Vergleich, der, sorry, irgendwie hinkt. Nur ein Ferrari klingt, wie ein Ferrari klingt.

Seit einer halben Stunde drehe ich nun am großen Lenkrad mit den echten Aluminiumspeichen. Mit einer unvergleichlichen Grandezza trompetet sich der Ferrari den Berg hinauf. Mit Nachdruck und Gefühl geführt, gleitet der Schaltknüppel durch die Kulisse. Mit jedem Schaltvorgang ändert der V12 seine Tonlage. Der nächste Naturseintunnel, ich schalte mit Zwischengas herunter und bin im Himmel. Als sich die Nadel des Drehzahlmessers der 7000er Markierung nähert, liegen 300 PS an, die mit anderthalb Tonnen Ferrari nicht viel Mühe haben. Kniehohe Mäuerchen trennen mich und den Ferrari vom Abgrund. Da unten irgendwo liegt das Dörflein Gréolières, das von hier oben aussieht wie eine Modellbahnanlage.

In den engen Haarnadelkurven wird das Lenkrad-Kurbel zur Schwerstarbeit. Die Playboys der Sechziger hatten ihre Brioni-Klamotten vollgeschwitzt, wenn sie in ihren Gran-Turismo-Wagen von Paris an die Riviera geballert sind.

Ich nehme Tempo raus, steuere eine kleine Haltebucht an und setze mich auf die Leitplanke. Ich höre das Knistern der auskühlenden Krümmer, rieche betriebswarmes Öl. Mein Blick schweift vom Kühlermaul des Ferrari über die seitlichen Luftauslasslamellen und die dreiflügeligen Zentralverschlüsse der Borrani-Speichenräder am harmonischen Blechkörper entlang. Die Motorhaube und der Kofferaumdeckel sind aus Aluminium.

Der 330 GT 2+2 folgte damals auf den 250 GT/E, den ersten echten Serien-Ferrari überhaupt. Ferrari stellte ihn am 11. Januar 1964 auf der jährlichen Pressekonferenz in Maranello vor. Die erste Serie hatte markante Doppelscheinwerfer, auch "Chinese Eyes" genannt. Der junge Designer Tom Tjaarda schuf dieses Design unter Franco Martinengo bei Pininfarina. Kleiner Exkurs in die Autogeschichte: Tjaarda meistverkauftes Seriendesign ist das des ersten Ford Fiesta.

Unser Fotoauto mit der Fahrgestellnummer 330GT7721 stammt aus der zweiten Serie, die wieder einzelne Scheinwerfer und ein Fünfganggetriebe hat anstatt eines mit vier Gängen und Overdrive. Obwohl das Radstand-Plus von fünf Zentimetern gegenüber dem 250 GTE vor allem dem Motorraum zugutekommt, bietet der 330 GT 2+2 als erster Ferrari überhaupt vier annähernd vollwertige Sitze. Der 4,80 Meter lange GT basiert auf dem Gitterrohrrahmen des 250GT/E und rennt laut Werk 245 Spitze und in 6,9 Sekunden von 0 auf 100 km/h. Aber wer will ihm das heute noch zumuten?


Der Armaturenträger ist wahrhaftig noch ein Brett, die Lenkradspeichen sind aus echtem Aluminium.
Servolenkung und Klima kosteten bei Ferrari damals Aufpreis. Die roten Couchletten aus handschuhweichem
Connolly-Leder zwicken auch auf langen Strecken nicht. Der 330 GT 2+2 spielt im Ferrari-programm
damals die Rolle des vollendeten Daily Drivers, der sowohl zur Kurvenattacke auf schlängeligen
Passstraßen taugt als auch zur dezentsportlichen Vorfahrt vor dem Drei-Stern-Restaurant,
wo der Park Boy Lässig die Schlüssel zugeworfen bekommt.

 

Ein letzter Blick ins Tal, dann lasse ich mich wieder auf die dicke Connolly-Kuhhaut fallen - und die Tür ins Schloss. Ich sitze bequem, angenehm zurückgelehnt. Es geht mir gut. Wie ich nun sitze, wollte auch Sandra West sitzen. Bis in alle Ewigkeit. Besessen vom jungen Tutanchamun, der sich 1323 v. Chr., mit zwei goldenen Streitwagen beerdigen ließ, verfasste sie ihr Testament. West hatte ihr Beisetzung genau geplant: „... neben meinem Mann, in meinem Negligé ... in meinem Lieblings-Ferrari, den Sitz komfortabler Position“.

Ihr letzter Wunsch sollte sich schnell erfüllen. 1977 verletzte sich Sandra bei einem Unfall mit ihrem Ferrari 330 America. Eine Woche später schien sie sich erholt zu haben, dann klagte sie dem Hausmädchen gegenüber über Magenschmerzen. Tags darauf war sie tot, gestorben an einer Überdosis an Barbituraten und Kodein, die die Schmerzen lindern sollten.

Das oberste Gericht von Los Angeles urteilte damals, Wests Wunsch sei „ungewöhnlich, aber nicht illegal". Zwei Monate später hievte ein Kran im Beisein von Fernsehkameras und rund 150 Menschen eine große Holzkiste in ein Erdloch in Texas, woher das Geld für ihr aufwendiges Leben gestammt hatte, In der Kiste: Sandra und ihr Ferrari. Eine Zementschicht soll seitdem sicherstellen, dass sie und das Auto nie wieder jemand trennt. Ein einfacher Grabstein ziert die Ruhestätte auf dem Alamo Masonic Cemetery, in San Antonio.

Warum diese Geschichte so gut zum Auto passt? Weil sie  erzählt, welch exzentrische Persönlichkeiten die Autos mit dem Cavallino rampante immer angezogen haben. Ferraris Kunden sind keine Menschen, die Ihre Ferien unter der Campingplatz-Dusche verbringen. Sie pendeln mit ihren V12-GT zwischen ihren Häusern mit Meerblick und anderen Hot Spots der Reichen und Schönen. Für die, die es sich leisten können, ein Vollgaslehen zu führen, ist der Gran Turismo (Ital., frei übersetzt „große Fahrt“) deshalb bis heute der einzigwahre Reisewagen.

Die Amtwort auf die Frage, ob ein Ferrari besser als andere Autos für die Reise ins Jenseits taugt, mochte ich aufschieben. Und drehe stattdessen lieber noch eine lässige Runde. Zündschlüsseldreh, Benzinpumpenklackern, Zündung, der V12 startet.

Sandra, this one's, for you!

Lukas Hambrecht


Der 300 PS starke Vierliter-V12 mit drei Weber-Falistrom-Doppelvergasern basiert in seinen Grundzügen
noch auf dem winzigen 1,5-Liter-Aggregat, das Gioacchino Colombo Ende der Vierziger für den
Ur-Ferrari 125 S entwickelt hatte. Die Kuhlauslass-Keimen in den Flanken des Ferrari 330 GT 2+2
brechen die sonst schnörkellose Form auf. Und ja, der Kofferraum des Ferrari verdient seinen Namen.

PLUS/MINUS

Wir freuen uns völlig neidfrei mit jedem, der es sich leisten kann, ein solches Auto zu fahren. Natürlich ist es schon ein wenig unfair, dass es nur mit einer dicken Brieftasche möglich ist, in kürzester Zeit aus viel Geld noch viel mehr Geld zu machen - und sich dabei auch Noch hinterm Lenkrad cool wie Michael Caine zu fühlen. Irre: Vor 15 Jahren kostete ein 330 GT 2+2 der Serie II noch knapp 100 000 Mark. Heute werden fuhr das gleiche Auto zum Teil über 400 000 Euro verlangt. Kein Winder: Klang, Sound und Form beeindrucken. viel zu lange galten die 2+2-sitzigen Rassehengste aus Maranello als unsexy und galoppierten deshalb preislich weit hinter ihren zweisitzigen Artgenossen. Vorbei. Gibt es überhaupt Dinge, die gegen einen klassischen Ferrari sprechen? Nun ja, eigentlich nicht, sofern es ihnen egal ist, dass andere Sie fuhr einen schnöseligen Schönheitschirurgen mit Wertanlage halten.

ERSATZTEILE

Nein, es ist nicht damit getan, sich einen alten Ferrari einfach nur hinzustellen. Oder wie Pink Floyd sangen: „Money, so they say/Is the root of all evil today“. Zur Veranschaulichung ein kleiner Auszug aus der Preisliste von Ferrari Eberlein in Kassel: großer Service 7100 Euro, Motorüberholung 30 000-70 000 Euro, Kupplungskit 2700 Euro, Reifen 400 Euro/Stück, Borrani-Speichenrad 2300 Euro, Scheinwerfer 270 Euro/Stück. Karosserieteile gibt es nur als Sonderanfertigung.

MARKTLAGE

Mit 1080 Stück war der 330 GT 2+2 beim Produktionsstopp 1967 der meistgebaute Serien-Ferrari überhaupt. Entsprechend gut ist das Angebot, verglichen mit anderen Modellen aus der Ferrari-Frühzeit. Die Serie II ist bei Sammlern beliebter als frühe Exemplare mit ihren exotischen Chinese Eyes. Der Marktwert entwickelt sich deutlich nach oben.


Quelle: Classic Data. Preise für Auto in Zustand 2,
d.h. gutem Zustand: entweder seltener, guter,
unrestaurierter Originalzustand oder fachgerecht und
aufwendig restauriert' technisch einwandfrei
und mit leichten Gebrauchsspuren.

EMPFEHLUNG

Grundsätzlich ist jedes Exemplar mit Ferrari-Classiche-Zertifikat eine Überlegung wert. Eine dokumentierte Geschichte ist unverzichtbar. Das Auto auf diesen Seiten, der 330 GT 2+2 mit der Chassis-Nummer 330GT7721. Baujahr 1966, in Grigio Argento kam einst über Händlerlegende Luigi Chinetti nach Amerika, der es an einen industriellen verkaufte. ChromeCars (www.chromecars.de) ruft Dafür 475 000 Euro auf. Luft nach oben ist im Moment noch beim Nachfolger 365 GT 2+2, genannt „Queen Mary”.

TECHNISCHE DATEN

Motor: V12, vorn längs · zwei Ventile pro Zylinder, ein oben i. Nockenwelle pro Zylinderreihe (Kette), drei Fallstrom-Doppelvergaser Weber · Hubraum 3967 cm³ · Leistung 221 KW (300 PS) bei 7000/min · Max. Drehmoment 323 Nm bei 5000/min Antrieb/Fahrwerk: Fünfgang-Schaltgetriebe · Hinterradantrieb · vorn Trapez-Dreiecksquerlenker, Schraubenfedern, hinten Starrachse mit Halbelliptikfedern, Längsschubstreben u. koaxiale Zusatzschraubenfedern auf den Stoßdampfern, vorn und hinten Kurvenstabilisator, Koni-Teleskopdämpfer · Reifen 205 HR 15 Maße: Radstand 2650 mm · L/B/H 4840/1715/1365 mm · Leergewicht 1380 km Fahrleistungen/Verbrauch: 0-100 km/h in 6.9 s · Spitze 245 km/h · Verbrauch 25 Liter pro 100 km Neupreis: 54 000 Mark (1966)

HISTORIE

Traditionell beschreibt die Zahl in der Typenbezeichnung klassischer Ferrari den Hubraum pro Zylinder. Heißt im Falle des 330: 330 cm³ X 12 = 3960 cm³. Die 330er beerben ab 1963 sukzessive die 250-Modellfamilie. Während der 330 America im Prinzip ein 250 GT/E mit größerem Motor ist und die 330 GTC und 330 GTS auf dem Chassis des 275 aufbauen, stellt der 330 GT 2+2 tatsachlich eine Neuentwicklung dar. Alle 330er treibt eine Evolution des Vierliter-Colombo-V12 aus dem 400 Superamerica an. Der 330 GT 2+2 debütiert 1964 in Brüssel - und ist weit mehr als ein überarbeiteter 250 GT/E mit seiner scharfen Nase, feschen Doppelscheinwerfern, längerem Radstand, Koni-Dämpfern für besseres Handling und einem Vierrad-Zweikreis-Scheibenbremssystem von Dunlop. 1965 folgt die Serie II mit Einfachscheinwerfen und Fünfganggetriebe. Klima uns Servo gibt es jetzt immerhin gegen Aufpreis. Bis 1967 entstehen 625 Exemplare der Serie I und 455 Exemplare der Serie II.

250 GT/E (1959-63)
Das erste echte
Serienmodell von Ferrari
ist ein 2+2 Sitzer.
330 GTC (1966-68)
Im Prinzip der gute alte 275 GTS,
aber mit dem neuen
Motor aus dem 330 GT 2+2.
330 GTC Zagato (1967-74)
Einzelstück mit targa Dach,
basiert auf einem Unfallwagen.
330 P4 (1967)
Wunderschön,
aber in Le Mans den mächtigen
Ford GT40 unterlegen.

 

Alltagstauglichkeit
Reparaturfreundlichkeit
Ersatzteilversorgung
Verfügbarkeit
Preisprognose

ADRESSEN

Club: Ferrari Club Deutschland e.V., www.ferrari-club-deutschland.de

Literatur: Peter Braun (Hg.): Ferrari. Alle Serien-und Rennfahrzeug von 1947 bis heute, Heel 2000, ca. 15 Euro (antiquarisch)

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